Warum eine Proa?

Das erste Mal bewusst aufmerksam geworden bin ich durch das Buch „Mehrrumpfboote“ von Klaus D. Kurtz. Ich hatte erwartet, dass der Autor nur über Katamarane und Trimarane berichten würde. Stattdessen begann er mit einem Bericht des englischen Entdeckers William Dampier über die Proas der Südseeinsulaner und lobte deren Segeleigenschaften und Geschwindigkeit. Diese Boote erreichten vor hunderten von Jahren bereits Etmale von mehr als 300 sm. Dies ist ein Wert, den Boote der westlichen Welt erst seit ca. 100 Jahre erzielen. Nicht nur zufällig ist das z.Zt  schnellste Segelboot der Welt, die mehr als 65 kn schnelle Vestas Sailrocket, eine Proa.

Dabei reizt mich noch nicht einmal so das Geschwindigkeitspotential dieses Bootstyps. Was mich auf Anhieb fasziniert hat war, dass sich bei zunehmendem Winddruck der Schwimmer aus dem Wasser hebt, also der Widerstand des Bootes reduziert wird.

Außerdem begeistert mich das, was H. Kurtz als „Hierarchie der Rümpfe“ bezeichnet. Im Gegensatz zum Katamaran, dessen Rümpfe in unterschiedlichen Wellensystemen gegen einander kämpfen, gibt hier der große Rumpf eindeutig die Bewegung vor  und führt so zu harmonischen, dem Wiegen der Wellen angepassten Bewegungen.

 

Aber man kommt auf das Prinzip Proa von vielen Seiten:

Jolle:

Eine Jolle ist dann am schnellsten, wenn die Crew im Trapez steht. Nun kann bei einer Hochseeyacht die Crew nicht die ganze Zeit ausreiten. Ersetzt man den menschlichen Ballast durch ein festes Ausgleichsgewicht, so hat man eine Proa.

Kielyacht:

Eine der modernsten Errungenschaften der modernen Hochseeyachten ist der Schwenkkiel. Einmal abgesehen von den technischen Problemen, solch eine komplizierte und schwere Mechanik unterhalb der Wasserlinie anzubringen, kann man das Ergebnis auch viel eleganter erreichen. In einem Gedankenexperiment schwenken wir den Kiel immer weiter, bis er aus dem Wasser kommt. Das reduziert den Wasserwiderstand. Dann verlängern wir den Abstand zum Rumpf, dadurch kann das Gewicht reduziert werden. Und wieder haben wir eine Proa.

Katamaran:

Im Vergleich zu einem Katamaran kann man bei gleichem Gesamtgewicht den Leerumpf verlängern (besserer Wasserwiderstand, Länge läuft) und im günstigsten Fall fliegt der strömungstechnisch ungünstige kleine Schwimmer. Dazu kommt der bereits oben beschriebene Effekt der „Hierarchie der Rümpfe“. Bei der Proa dominiert eindeutig der Hauptrumpf, er nimmt die wiegenden Bewegungen der See auf, und die Bewegungen sind viel harmonischer, da der Schwimmer nur eine Stützfunktion hat.

Trimaran:

Zuletzt die Proa im Vergleich zum Trimaran. Wann ist der Tri am schnellsten? Wenn Hauptrumpf und Luvschwimmer aus dem Wasser ragen. Nun stelle sich der geneigte Leser vor, das Boot komme in dieser Lage auf ihn zu – ein Schwimmer im Wasser, der Hauptrumpf und ein Schwimmer in der Luft. Eine kompliziertere Form kann man sich kaum vorstellen. Da erscheint die Proa mit dem Hauptrumpf im Wasser und einem Schwimmer viel logischer. Abgesehen davon werden die Mehrrumpfboote im Grenzbereich danach gesegelt, dass der Leeschwimmer gerade nicht unterschneidet. Beim Trimaran ist der Leeschwimmer der kleine Ausleger, bei der Proa der große Hauptrumpf mit dem viel größeren Auftrieb.

Abschließend entfällt natürlich bei einer Proa im Gegensatz zu einem Trimaran ein zusätzlicher Rumpf, was das Boot preiswerter macht.

 

Ein weiterer Grund ist der statisch logische Aufbau des Bootes. Wenn man einem Konstrukteur die Möglichkeit geben würde, ein Boot rein nach statischen Gesichtspunkten zu konstruieren, käme eine Proa heraus.

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